Endlich wieder Österreich: Oberleitner/Schwärzler holen Tullner Doppeltitel!

Foto: NÖ Open/Manfred Binder

Wenige Stunden nachdem der Vorarlberger Jungstar Joel Schwärzler im Einzelhalbfinale einem entfesselten Gegner unterlegen war, konnte er sich bei den NÖ Open powered by EVN an der Seite von Neil Oberleitner den Doppeltitel sichern. Im Single-Endspiel am Sonntag heißt es Argentinien gegen Tschechien.

Angerichtet war an diesem Semifinalsamstag. Nach der NÖTV Future Stars Exhibition in der mit Flo Doleys und Bastian Berenz zwei der blau-gelben U18-Youngsters auf dem Center Court ihr Können zeigen durften – Doleys siegt in einem langen Satz 9:7 – enterten der vom Heimpublikum besonders unterstützte Vorarlberger Joel Schwärzler (19) und sein 35-jähriger Gegner Marco Trungelliti (ARG) das Stadion. Aus dem Turnierverlauf heraus ein Spiel der Gegensätze zwischen einem Linkshänder, der vor allem auf seine extreme Feuerkraft vertrauen konnte, und einem Rechtshänder, der in Tulln in allen Schlägen sowohl den Tempo- wie auch den Schnittwechsel zelebrierte wie kein anderer im Raster. Ein Rezept, das auch im Semifinale gegen Schwärzler wirkte. In Satz 1 ein schnelles Break zum Auftakt, welches Trungelliti dann geschickt, mit teils genialen Stopps, überraschenden Servicevariationen und überfallsartigen Return-Attacken verteidigte und so zum 6:4 stellen konnte.

Im zweiten Durchgang dann ein ähnliches Bild. Nach dem Break gegen Schwärzler konnte dieser aber seinem Gegenüber den Aufschlag abnehmen, kassierte allerdings postwendend das Re-Break und die Dinge nahmen neuerlich ihren Lauf. Der Österreicher drückte mächtig auf die Tube, der Argentinier zauberte – und nahm dem Teenager dann bei 5:3 neuerlich den Aufschlag ab und fixierte so mit 6:4 und 6:3 seinen Finaleinzug und die Chance auf seinen fünften Challenger-Titel. Sebastian Beutel, während der NÖ Open powered by EVN Coach von Joel Schwärzler, analysiert die Niederlage seines Schützlings so: „Es war ein sehr attraktives Match, aber gegen einen ausgefuchsten Routinier wie Trungelliti musst Du über mehr als 90 Prozent der Zeit wirklich sehr gut spielen, das ist ist dem Joel heute nicht ganz gelungen. Und der Argentinier hatte heute einen wirklich guten Tag und konnte selbst die kleinste Chance nutzen.“

Eine Diagnose, die auch „Doktor“ Trungelliti bestätigte: „Mir ist heute wirklich viel gelungen. Vor allem mit meinem Returnspiel war ich sehr zufrieden, weil ich wusste, dass er sich sehr auf seinen guten Aufschlag verlässt. Dazu konnte ich ihn permanent bewegen. Aber er ist bereits ein hervorragender Spieler, der sich schnell noch weiterentwickeln wird – auch athletisch.“

Athletisch ist eins der Stichworte für das zweite Semifinale. Dort traf der beim ATP-100-Challenger in der Gartenstadt Tulln an Nummer 5 gesetzte Trungelliti-Landsmann Santiago Rodriguez Taverna (ATP 207) auf den mit Protected Ranking aufgelaufenen Doppelspezialisten Andrew Paulson (ATP-Einzel 808) aus Tschechien. Gleich zu Beginn der Begegnung musste der 23-jährige Prager einen Aufschlagverlust hinnehmen, nahm aber dem 26-Jährigen aus Buenos Aires darauf ebenfalls sein Aufschlagspiel ab. Danach ging es mit viel Risiko bei Auf- und Rückschlag und teils wilden Punktschüssen, aber auch gepflegten Stopps im Gleichklang weiter bis zum 5:5. Danach stellte doch der favorisierte Argentinier auf 6:5 und verwertete gleich danach seinen ersten Satzball zum 7:5.

Nach Wiederbeginn verlief das Match zunächst weiter ausgeglichen, ehe Rodriguez Taverna für eine Behandlung am Schlagarm den Physiotherapeuten kommen ließ. Danach lief es sichtlich nicht mehr ganz so rund und der konzentriert weiterkämpfende Paulson schaffte mit einem Doppelbreak den Satzausgleich. Mit 6:3 und gleich danach mit Break zum 2:0 war es dann etwas überraschend Andrew Paulson, der nichts mehr anbrennen ließ und mit 6:3 seinen bislang größten Einzelerfolg fixieren konnte – im Doppel konnte er ja bereits 12 Challenger-Titel erobern. „Nachdem ich die vergangenen beiden Jahre mit großen Rückenproblemen zu kämpfen hatte und kaum ein Einzelmatch gewinnen konnte, ist das wie ein Traum für mich! Im Finale gegen Marco will vor allem eines, genießen“, so Andrew Paulson. Das Endspiel zum Genießen steigt am Sonntag um 14:30 Uhr. Schon um 13:00 Uhr geht Teil zwei der NÖTV Future Stars-Exhibitions zwischen den beiden niederösterreichischen 14-jährigen Top-Juniorinnen Leonie Schauer und Jasmin Schaaf über die Bühne.

Um den Turniersieg im Tulln-Doppel fighteten am Samstag, zum Tagesfinale vor vollen Rängen die beiden Lokalmatadore Neil Oberleitner und Joel Schwärzler. Im ersten Match noch durch ein w.o. der russischen Paarung Gakhov/Vatutin begünstig, servierten die Kitzbühel-Finalisten 2025 danach den durchwegs so zahlreich erschienen Fans am TC Tulln sowohl gegen Mats Hermans (NED) und Tiago Pereira (POR) wie auch gegen Luka Mikrut(CRO) und Marco Topo (GER) wahre Offensiv-Spektakel. Nur logisch, dass die erfrischende Kombo aus dem 26-jährigen Wiener Oberleitner und dem 19-jährigen Vorarlberger Schwärzler auch gegen die beiden in Tulln so kampfstarken Ukrainer Oleg Prihodko und Vitaliy Sachko besonders herzlich empfangen wurde.

Prihodko/Sachko, die in allen drei Spielen bis zum Finale über die volle Distanz bis ins Match Tiebreak gehen mussten, entpuppten sich nach ihrem Halbfinalerfolg über Sandro Kopp und Lukas Neumayer auch für Oberleitner/Schwärzler als harte Nüsse. Ein bei 1:2 kassiertes Break holten sich die beiden bei 3:5 zurück und glichen schließlich staubtrocken zum 5:5 aus. Unmittelbar danach stellten sie bei Einstand, ebenfalls per Deciding Point, auf 6:5 und ein problemlos durchgebrachtes Sacko-Servicegame und einen, um Millimeter zu langen Return später auf 7:5.

Aber die Enttäuschung darüber konnten die Österreicher genauso gut wegstecken, wie die doch in manchen Phasen erkennbare Müdigkeit nach einer speziell für den Einzelsemifinalisten Schwärzler langen Woche. Mit viel Teamspirit und konzentrierten Aufschlagleistungen legte man im zweiten Durchgang vor und  krallte sich bei 3:2 das Break zum 4:2 und gleich danach, per Oberleitner-Aufschlag und Schwärzler-Punktvolley, das 5:2. Und letztlich war es auch der Junior am Platz, der mit seinem Aufschlag den Satzgewinn mit 6:3 klar machte.

Das entscheidende Match Tiebreak bis 10 machten dem heuer letzten, vom Heimpublikum fair aber lautstark untermalten Doppelmatch am TC Tulln ein unterhaltsam-dramatisches Ende. Dann war es Neil Oberleitner, dessen Return den Ukrainern zu stark war und das finale 5:7, 6:3, 10:7 sicherstellte. Und damit den ersten und bislang einzigen Österreicher-Triumph seit dem Doppelsieg von Lucas Miedler und Alex Erler im Jahr 2022. Mit der von Tullns Bürgermeister Peter Eisenschenk überreichten Trophäe in der Hand brachte Joel Schwärzler im Abschluss-Statement seine Gefühle auf den Punkt: „Es war eine fantastische Woche für mich. Natürlich mit dem Doppelsieg an der Seite von Neil, aber auch mit dem Semifinale im Einzel. Jetzt bin einfach nur glücklich, dass ich hier in Tulln doch einen Titel einfahren konnte!“

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